Lehrstuhl-Special: Der Lehrstuhl für Regelungstechnik (LRT)

Prof. Knut Graichen (Bild: LRT)
Prof. Knut Graichen (Bild: LRT)

In unserem Lehrstuhlspecial stellen wir in jeder Ausgabe unseres Newsletters einen der Lehrstühle unseres Departments und den jeweiligen Lehrstuhlinhaber vor. Für unsere Osterausgabe besuchen wir Prof. Knut Graichen am Lehrstuhl für Regelungstechnik für ein Interview.

 

Kurzinfo:

Name: Knut Graichen

Lehrstuhl: Lehrstuhl für Regelungstechnik

Forschungsgebiet: Analyse, Regelung und Überwachung dynamischer Systeme in der Mechatronik, Robotik, Energie-  und Verfahrenstechnik, etc.

 

Lieber Herr Graichen, erzählen Sie doch ein bisschen – was fasziniert Sie denn am Fachgebiet „Regelungstechnik“?

An der Regelungstechnik fasziniert mich, dass das Fach so interdisziplinär ist und in allen Fachgebieten benötigt wird, sei es die Elektrotechnik, Robotik, Mechatronik, Maschinenbau oder Verfahrenstechnik. Zudem lernt man systemorientiertes und strukturiertes Denken, was in allen Bereichen des Lebens hilfreich ist.

 

Was genau waren dann Ihre Zwischenstationen, bis Sie Professor an der FAU wurden?

Am Ende meines Studiums der Technischen Kybernetik an der Universität Stuttgart war ich ein knappes Jahr bei der Robert Bosch GmbH im Silicon Valley (Palo Alto, USA) zum Praktikum und für die Abschlussarbeit (damals Diplomarbeit). Nach meiner Promotion an der Universität Stuttgart war ich zunächst an der Ecole des Mines bzw. Mines ParisTech in Paris und danach an der TU Wien tätig, bevor ich 2010 die Professur für Mess- und Regelungstechnik an der Universität Ulm antrat. Der Lehrstuhl für Regelungstechnik der FAU wurde 2018 ausgeschrieben und die Themen der Ausschreibung deckten sich sehr gut mit meinen Forschungsinteressen und Tätigkeiten. Zudem reizte mich die enge Anbindung des Lehrstuhls an die anderen Fachbereiche der Technischen Fakultät und auch die Möglichkeit, die regelungstechnische Ausbildung über das Department hinaus mitgestalten zu können. An der FAU startete ich dann zum April 2019.

 

 

Könnten Sie uns ein bisschen über den Lehrstuhl selbst erzählen?

Der Lehrstuhl hat aktuell 28 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, davon 2 Professoren, zwei Akademische Räte, 20 Promovierende und vier Personen in der Verwaltung und im technischen Bereich. Dazu kommen aktuell ca. 40 Studierende, die ihre Abschlussarbeiten schreiben oder als Hiwis bei uns tätig sind. Ich würde sagen, wir haben eine spannende Mischung aus Grundlagenforschung und angewandter Forschung am Lehrstuhl, so dass wir den Studierenden auch immer ein interessantes Spektrum an Themen anbieten können.

 

Der LRT ist also ein sehr großer Lehrstuhl. Seit wann gibt es ihn an der FAU?

Der Lehrstuhl bzw. damals das Institut für Regelungstechnik war einer der ersten Lehrstühle der Technischen Fakultät und wurde 1966 von Prof. Schlitt gegründet. 1988 wurde dann Prof. Roppenecker berufen und seit 2019 bin ich sein Nachfolger. Übrigens ist Herr Dr. Hippe, welcher bereits 1970 als Doktorand bei Prof. Schlitt anfing und 2004 in den offiziellen und wohlverdienten Ruhestand versetzt wurde, immer noch regelmäßig am Lehrstuhl und publiziert fleißig. Regelungstechnik hält also jung! (lacht)

 

Wie hält die Arbeit als Lehrstuhlinhaber für Regelungstechnik Sie denn dann entsprechend auf Trab? Wie muss man sich Ihren Arbeitsalltag so vorstellen und – gibt es so einen Alltag überhaupt?

Mein Tag fängt meist recht früh mit Emails und Terminorganisationen an. Aber eine richtige Regelmäßigkeit stellt sich eigentlich nie ein, da dafür die Termine, die Projekte und die Lehre zu unterschiedlich und abwechslungsreich sind. Außerdem steht bei mir die Tür meist offen und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können eigentlich fast immer vorbeikommen. Das führt allerdings auch dazu, dass sich manche Liegenschaften dann in die Abendstunden verschieben … (lacht)

 

Was sind denn so die großen Forschungsthemen am Lehrstuhl? Und wo finde ich als Laie das Thema „Regelungen“ denn in meinem Alltag?

Nun, Regelungen finden sich überall im Alltag, bspw. die Temperaturregelung im Kühlschrank oder die Abstandsautomatik im Fahrzeug. Aber auch im Körper laufen komplexe Regelvorgänge ab. Ist bspw. die körpereigene Blutzuckerregelung beeinträchtigt, wie dies insbesondere bei Diabetes Typ 1 der Fall ist, so muss von außen Insulin zugeführt werden, um den Blutzuckerspiegel zu regulieren. Die Regelungstechnik beschreibt diese Regelsysteme mathematisch und entwirft geeignete Regelstrategien, um den jeweiligen Prozess (Auto, Mensch, Kühlschrank, etc.) auf die gewünschte Größe zu regeln.

Wir beschäftigen uns am Lehrstuhl einerseits mit der Weiterentwicklung solcher Regelungsverfahren und deren Kombination mit Künstlicher Intelligenz und Maschinellem Lernen, bspw. um die Umgebung des Systems besser zu verstehen oder mit Unsicherheiten besser umgehen zu können. Knut Graichen

Andererseits betrachten wir die Anwendung dieser Verfahren in der Praxis, insbesondere in der Mechatronik, Robotik, Verfahrenstechnik und bei Energiesystemen. Tatsächlich ist es einer unserer Schwerpunkte, moderne Regelungsverfahren erfolgreich umzusetzen und nicht nur in der Theorie auszulegen.

 

Wann komme ich als Studierender denn mit diesen Themen in Kontakt? Eher auf dem Master-Level oder sogar schon im Bachelor?

Die Vorlesung „Regelungstechnik A“ wird im Bachelor bspw. in der Elektrotechnik, Mechatronik und Medizintechnik angeboten. Für die Studiengänge Maschinenbau, Chemie- und Bioingenieurwesen und Computational Engineering bieten wir die Vorlesung „Einführung in die Regelungstechnik“ an. Zudem startet ab nächstem Wintersemester die Vorlesung „Dynamical Systems and Control“, die insbesondere für den neuen Studiengang Autonomy Technologies vorgesehen ist.

Die Vertiefungsvorlesungen in der Regelungstechnik sind vorrangig im Masterstudium angesiedelt. Die meisten Studierenden am Lehrstuhl sind Elektrotechniker und Mechatroniker, aber auch Studierende der Richtungen Energietechnik, Maschinenbau und Computational Engineering sind bei uns vertreten. Seit neuestem gibt es auch das Nebenfach „Robotics and Automation“ im Masterstudiengang Artificial Intelligence, das wir zusammen mit Kollegen Philipp Beckerle anbieten.

 

Das sind doch sehr spannende Aussichten für Studierende. Lieber Herr Graichen, vielen Dank für dieses spannende Interview!

 

Aktuelle Forschungsprojekte

Schon gewusst? Neben zahlreichen Einzelprojekten sind Prof. Graichen und der LRT auch an mehreren Großprojekten beteiligt: